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Knatsch um TV-Rechte im Hockey – sind acht Jahre zu viel?

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Für den TV-Hockey-Konsumenten wird sich bis 2035 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nichts ändern.Bild: shutterstock
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Knatsch um TV-Rechte im Hockey – sind 8 Jahre zu viel?

Die Swisscom schätzte die Marktlage offensichtlich falsch ein, verlor den 30-Millionen-Poker um die TV-Rechte im Hockey und klagt nun gegen die National League. Ein juristisches «Hornberger Schiessen».
15.11.2025, 06:3515.11.2025, 15:25

Kindergarten und juristische Sandkastenspiele unter Erwachsenen oder eine ernstzunehmende rechtliche Auseinandersetzung zwischen den «Hosentelefon-Titanen» Swisscom und Sunrise um die Medienrechte der National League?

Die Ausgangslage: Im letzten Sommer hat die National League AG (sie gehört zu gleichen Teilen den 14 Klubs) die medialen Rechte ausgeschrieben. Zwei Bewerber haben sich interessiert: Swisscom (für ihre Tochtergesellschaft Blue) und Sunrise (für MySports). Blue ist bereits im Besitz der entsprechenden Rechte im Fussball.

Schon in der ersten Runde der Ausschreibung fällt die Entscheidung: Das Swisscom-Angebot (Blue) ist um mehrere Millionen tiefer als jenes von Sunrise. Also tritt die National League in Verhandlungen mit Sunrise ein.

Obwohl dazu keine Verpflichtung mehr besteht, darf die Swisscom noch einmal eine Offerte einreichen. Sie ist jedoch erneut um mehrere Millionen tiefer als die inzwischen mit Sunrise ausgehandelte Summe, die rund 30 Millionen beträgt.

Offenbar hat die Swisscom die Marktlage in dieser Sache komplett falsch eingeschätzt. Die Rechte gehen durch eine vorzeitige Verlängerung ab 2027 für 8 Jahre (bis 2035) an Sunrise.

Der zentrale Punkt dieser Rechte: MySports darf exklusiv sämtliche Partien der National League live (im Pay- und/oder Free-TV) übertragen. Anmerkung: Das öffentlich-rechtliche Fernsehen hat keine Live-Rechte mehr in der nationalen Meisterschaft und hatte sich bei der Ausschreibung gar nicht mehr um das Gesamtpaket beworben.

Nun klagt die Swisscom bei der Wettbewerbskommission Weko gegen die National League und verlangt:

  • Das Ausschreibungsverfahren sei zu wiederholen.
  • Wenn das Ausschreibungsverfahren nicht wiederholt wird, dann sei die Vertragsdauer von acht auf fünf Jahre zu reduzieren.

Argumentiert wird, die National League habe als «Monopolist» auf dem nationalen Hockeymarkt ihre Stellung mit einer achtjährigen Vertragsdauer missbraucht. Allerdings besteht dieses Monopol nicht: Die National League ist nicht die einzige Anbieterin von nationalen Hockey-Rechten. Der Spengler Cup hat die Rechte an das öffentlich-rechtliche Fernsehen verkauft und der Verband die Rechte an den Länderspielen ebenfalls an Leutschenbach.

Was kann nun passieren? Wenn das Ausschreibungsverfahren für die Nationalliga-Rechte wiederholt werden muss, dann wird dies zur Rückabwicklung des Achtjahresvertrages mit Sunrise führen. Die Anwälte würden auf den Tischen tanzen. Auch eine Reduktion der Vertragsdauer auf fünf Jahre hätte erhebliche Vertragsänderungen zur Folge.

Was dem Ganzen einen besonderen Reiz gibt: Bei der Ausschreibung für die medialen Rechte haben sich nur Swisscom und Sunrise beteiligt. Es ist davon auszugehen, dass erneut nur diese beiden Unternehmen interessiert wären.

Wenn nun die Swisscom das höhere Angebot als Sunrise einreichen würde, so ist keineswegs sicher, dass die Swisscom dann tatsächlich zum Zuge kommen würde. Eine gesetzliche Pflicht besteht für ein privates Unternehmen (im Gegensatz zu Unternehmen im Besitze der öffentlichen Hand wie z. B. die SBB) nämlich nicht, die höhere Offerte zu akzeptieren.

Und letztlich wäre eine durch eine Klage bei der Weko erzwungene Zusammenarbeit – sozusagen eine «Zwangsehe» – im Alltag nicht erfolgversprechend. Kommt dazu: Welche Bedeutung hätte dann Eishockey bei einer TV-Plattform wie Blue, die sich «Home of Football» nennt? Wahrscheinlich eine untergeordnete.

Bleibt die Frage nach der Vertragsdauer. Grundsätzlich können die Vertragsparteien (in diesem Fall National League und Sunrise) die Dauer im gegenseitigen Einvernehmen frei bestimmen. Eine gesetzliche Einschränkung besteht nicht. Es geht höchstens um ein aus dem bisherigen Ganzen abgeleitetes Gewohnheitsrecht. Tatsächlich sind die medialen Rechte bisher im nationalen Fussball und im nationalen Eishockey höchstens für fünf Jahre vergeben worden.

Allerdings gibt es einen interessanten Vergleich: Der internationale Eishockeyverband (IIHF) mit Sitz in Zürich hat 2019 ohne Ausschreibung (!) den bis 2023 laufenden Vertrag für die medialen WM-Rechte vorzeitig für eine Dauer von 10 Jahren bis 2033 an die Vermarktungsagentur Infront mit Sitz in Zug verkauft. Was so ausgelegt werden kann, dass eine Vertragsdauer von mehr als fünf Jahren in diesem Geschäftsbereich nach Schweizer Recht statthaft und sogar marktüblich ist.

Also Kindergarten unter Erwachsenen oder eine ernstzunehmende juristische Auseinandersetzung? Treffend ist wohl die Einschätzung: Juristische Sandkastenspiele unter Erwachsenen, garniert mit verletzten Eitelkeiten. Welcher Teufel Cyril Wick, den CEO von Blue, geritten hat, sich als Parteien-Vertreter in der NZZ zu diesem laufenden Verfahren (!) zitieren zu lassen – eigentlich eine juristische «Todsünde» –, weiss er womöglich selbst nicht.

Der Entscheid der Weko zur Sache kann an das Bundesverwaltungsgericht und dann auch noch ans Bundesgericht weitergezogen werden. Für den TV-Hockey-Konsumenten wird sich bis 2035 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nichts ändern.

Die ganze Angelegenheit ist eigentlich nichts anderes als ein juristisches «Hornberger Schiessen». Dieser Ausdruck steht für eine grosse Ankündigung (in diesem Fall eine Klage bei der Weko), die für viel Wirbel sorgt und schliesslich ergebnislos im Nichts enden wird.

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Die beliebtesten Kommentare
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Minotauro
15.11.2025 08:11registriert August 2022
Die ganzen Mehrkosten zahlt am Schluss der Abonnement. Jemand muss die Juristen und immer teureren Gesamtverträge finanzieren.

Ich halte es wie beim Fussball. Solange die die Vermarktung so teuer ist und die Sportler gut, wirklich gut, verdienen (Championsleague), bin ich nicht bereit, diese Konzerne mit einem Franken zu unterstützen.
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